Wir sind alle mit den klassischen Märchen groß geworden und wenn nicht die Gebrüder Grimm unsere Kindheit geprägt haben, dann zumindest Disney. Die Geschichten sind bekannt und verfahren immer nach dem selben Muster. Die Suche nach der großen Liebe gestaltet sich für die Protagonisten immer wieder nach fast mathematischem Prinzip.
Sie, eine hoffnungslose Romantikerin mit recht weltlichen Problemen, verärgert ihre rachsüchtige Gegenspielerin durch einfach angeborene Schönheit, die ihresgleichen sucht. Die Rettung aus dieser Misere ist niemals weit, der Ritter auf dem weißen Ross folgt auf den Fuße. Durch mindere Irrungen und Wirrungen entzweit, muss Sie nur darauf warten, dass der Schönling ihre Liebe erwirbt und den ersehnten Lebenswandel bringt. Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute.
Hollywood hat mit seinen ewigen Wiederholungen dieser Geschichten sein übriges getan. Liebe und der Traum von drei Worten ist allzu weltlich geworden.
Die poetische Vorstellung sich zu verlieben und glücklich bis ans Ende seiner Tage zu leben ist in den Bereich des profanen abgedriftet und hat viel seiner sakralen Überhöhtheit eingebüßt. Man bekundet heute die Liebe gegenüber seinen Eltern, Freunden und Familie, manches mal mit heftiger Inbrunst sogar gegenüber Rock- und Popstars. Wir können sogar noch einen Schritt weiter gehen. In den letzten 10 Jahren hat die Proklamation der Selbstliebe, dem me, myself and I, unterm Strich zähl Ich dermaßen an Wert zugelegt, das man schon meinen muss man stünde auf dem Siegertreppchen der olympischen Spiele, wenn man es in das Herz eines andere geschafft hat. Wie soll man sich auch messen mit dieser stetig nach außen kommunizierten Liebe zu sich selbst? Instagram, Facebook, YouTube – Die Mittel der Selbstreferenz, sind die Fußnoten in unseren Biografien geworden. Sie gelten als die Quellenverweise der Selbstliebe. Zeugnisse, die für alle sichtbar ins Netz gestellt werden.
In unserer westlich-abendländischen Vorstellung unterscheiden wir gängigerweise nach drei Arten der Liebe: Agape, Eros und Caritas.
Agape stellt die selbstlose Liebe dar, jene die manche zu Gott empfinden, zu ihren Nächsten oder gar zu ihren Feinden. In der Welt der Meisten von uns wird sie so wohl keinen Platz mehr finden. Als Homosexuelle (Sodomiten) von Gott und Dante in den 7. Höllenkreis verbannt, laufen wir auf Ewig ohne Rast und Ruh, während Feuerflocken auf uns niederhageln. Das dürfte wohl ausreichend erklären, warum wir unsere Daseinsberechtigung wohl eher weniger bei Gott suchen.
Liebe zu Feinden? Nun da könnte was Wahres dran sein. Schließlich lieben wir es als Menschen immer wieder neue Feindbilder zu entwerfen. Man schalte nur die Nachrichten ein und wird überhäuft mit dem stetig wechselndem Bösen. Es steht allerdings zu befürchten, dass wir an dieser Stelle weniger die Hochzeitsglocken der Vereinigung mit unserem Feind leuten höhren, als nicht vielmehr die Schellen schierer Angst vor dem Unbekannten.
Was die Liebe zu den Nächsten betrifft, der Liebe zur Familie und zu Freunden; Die Nuss ist schon schwerer zu knacken. Laut Studien diverser Fachrichtungen kommen wir nicht über die magische Grenze von 150 Individuen hinaus, mit denen wir in einem engeren Bekanntenstatus stehen. Damit hätten wir schon mal den Großteil unserer Facebook-“Freunde“ vom Tisch, führt aber gleich an den Kern der Sache heran. Facebook hat es mit der Wahl der Begrifflichkeit „Freund“ geschafft, das Saginifikat vom Signifikanten zu trennen. Umgangssprachlich formuliert haben wir also völlig aus dem Blick verloren was wir noch mit dem Wort Freund bezeichnen. Der Blick des Menschen ist aufgrund fehlenden Melatonins so nachverfolgbar, die Iris ist umgeben vom weißen Glaskörper und gibt stetig die Richtung ihres Blickes preis. Anders als bei den meisten Tieren. Laut manchen sind die Augen sogar der Spiegel unserer Seele und machen uns mit zu dem sozialen Wesen welches wir sind. Glaubt man Bregman könnte der Verlust des Guten im Menschen sich darin begründen, dass wir uns wortwörtlich aus den Augen verloren haben. Einfach formuliert heißt das folgendes: Kann ich dir nicht in deine Seele schauen, wie soll ich dir dann vertrauen?
Das dürfte dann wohl auch die übrigen 150 weiter eingrenzen. Die Begriffe Freunde und Familien haben ihre Grenzen stark verwischt. Gerade unter Homosexuellen ist eine Wahlfamilie, zusammengesetzt aus Freunden, Gang und Gäbe. Das oben Stehende kann also auch getrost auf die Familie angewendet werden. Eine Form der Liebe empfinden wir garantiert zu allen von Ihnen, was durch stetige Wiederholungen althergebrachter Floskeln ja auch immer wieder betont wird. (Das schreibe ich jetzt auch nur, um nicht als Zyniker verstanden zu werden, es ist als das sprichwörtliche cum grano salis.) Wäre diese Liebe nun aber der Gefühlsorkan, nach welchem wir suchen, würden wir vermutlich gegen das Gesetz der Monogamie verstoßen.
Fortsetzung in Teil II
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