Nach dem Ende unseres Massage Praktiker Training 2021 haben wir beschlossen, die Teilnehmer zu bitten, einige Fragen zu ihren Erfahrungen, Herausforderungen und ihrer Entwicklung während des Trainings zu beantworten und uns ein Feedback zu geben. Wir werden die Interviews in den nächsten Wochen veröffentlichen und hoffen, dass sie dir einen Einblick geben, wie es ist, an dieser besonderen Ausbildung teilzunehmen, falls du neugierig darauf bist. Die Anmeldungen für die Ausbildung 2022 sind jetzt möglich, und wir beginnen im Mai!

Das erste Interview mit Michael und Rodrigo ist etwas länger, deshalb werden wir es in zwei Teilen veröffentlichen. Klicke hier für Teil zwei!

Rodrigo: Wie bist du zum Entschluss gekommen, das Massage Praktiker Training zu buchen? Lag deine Motivation eher im privaten oder eher im beruflichen Bereich?

Michael: Ich mache schon seit mehreren Jahren Yoga, also Nackt-Yoga für Männer, und da wurde ich von Klienten gefragt, ob ich auch Massagen mache. Ich habe immer lange nein gesagt und irgendwann habe ich gedacht „mmmm vielleicht probiere ich es einmal“, aber ich wollte dann nicht irgendwie etwas Willkürliches oder das erstbeste machen, sondern schon etwas Solides angehen. Dann habe eben gesucht und geschaut, was es in diesem Bereich gibt und dann hatte ich mich daran erinnert, dass ich bei euch vor 10 Jahren einmal einen Workshop gemacht hatte und das war sehr schön. 

Dann habe ich eben auf die Gay Love Spirit Internet Seite geschaut und habe das Massage Practitioner Training entdeckt, welches über mehrere Monate hinweg stattfindet. Ich fand das eigentlich ganz gut, ich wollte nicht einfach bloß nur einen Wochenendkurs machen, sondern etwas Anspruchsvolleres und dann habe ich mich bei euch angemeldet. Ich habe auch von vielen so es gesagt bekommen und es stimmt. 

Ich unterrichte seit vielen Jahren Yoga für schwule Männer. Durch Yoga kommen Leute zu mir die einen Anspruch haben, etwas Gutes für sich selbst zu tun – und ich finde, die professionelle Tantramassage passt neben dem Yoga sehr gut dazu.

Das typische Profil der Leute, die zu mir kommen: zwischen 45 – 50 Jahre alt, alle gestresst von der Arbeit, keine Zeit mehr für sich, keinen Sport mehr gemacht und jetzt sind Sie bewusst geworden, dass sie etwas für sich tun müssen und sich einfach raus aus dem Alltags-Rhythmus bewegen. Sie sind dann auch sehr empfänglich für die Idee von Tantra.  

R: Bist du mit dem Verlauf des Trainings zufrieden? Hast Du bei jedem Modul Dein Wissen und Deine Fähigkeiten verbessert?

M: Ich finde es super, dass wir das Training über mehrere Monate hinweg machen und dass man immer wieder Zeit zwischendurch zum Verdauen hat. Wenn wir 4 Tage hintereinander Training haben, dann kann man das alles nicht so gleich aufnehmen und umsetzen. Zwischendrin mal wieder ein paar Wochen zum Spüren und Überdenken, und natürlich auch zum Ausprobieren und eigene Erfahrungen machen, das macht ein gutes Training aus.

In der Gruppe haben wir auch darüber gesprochen, wie schön es ist, dass wir eine Gruppe von ähnlichen, gleichgesinnten Männern sind. Mit dem Zusammenwachsen ist auch ein tieferer Austausch möglich. Es geht eben nicht bloß nur um Massage-Techniken sondern auch um viele andere Aspekte, zum Beispiel meine Intention, und wir lernen auch intensiv, wie wir mit den Massageklienten kommunizieren können. Meine eigene Fähigkeit, mich in diesen Themen auszudrücken, ist gestiegen mit der Nähe zu den anderen Männern im Kurs und auch mit der Nähe zu den Trainern.

Das Vertrauen baut sich im Lauf der Zeit mehr und mehr auf, und dann kann man sich mehr trauen, aus sich herauszugehen und Sachen zu sagen, die man normalerweise nicht so schnell sagt. Es gibt halt Leute, die können das sofort, die setzen sich hin und erzählen einem das ganze Leben. Andere brauchen halt ein bisschen mehr und das finde ich eigentlich ganz gut, dass man sich nach und nach kennenlernt. Wenn das Kennenlernen dann über mehrere Monate hinweg immer weiter geht, entsteht eine sehr verbundene Atmosphäre.

Die Basisstruktur hat man nach dem ersten Modul irgendwie erfasst, aber es dann selbst anzuwenden ist nicht ganz so einfach wie es ausschaut. Man verliert natürlich immer ein bisschen von der Demo, irgendwelche Details, die auch wichtig sind, werden dann vergessen.

Deshalb ist es gut, dass sie immer wieder aufgefrischt werden, dann gehen halt die ganzen Griffe und Techniken immer mehr ins eigene Repertoire über. 

Wichtig ist auch zu lernen, wie sich die Massage bei mir selbst anfühlt, wenn ich sie bekomme. Zu wissen, wie es sich gut anfühlt, gibt die Sicherheit, es richtig anwenden zu können.

R: Wie hast Du es empfunden, dass Du in den Modulen 2,3, und 4 insgesamt 9 Männer während der Module und mindestens weitere 5 außerhalb unter den Bedingungen des Protokolls massiert hast? Gab es viele Überraschungen?

M: Also ich fand das sehr interessant, – ich habe zum Beispiel mittlerweile selbst 15 Männer massiert, aber das sind eigentlich alles Leute, die ich schon mehr oder weniger gut kannte. Ich hatte gestern einen, den hatte ich überhaupt noch nicht gekannt hatte, aber die meisten kannte ich eigentlich schon ein bisschen durch meine Yogakurse. Diese Erfahrungen waren sehr komplementär zu den Begegnungen im Training, wo wir einfach auf Leute getroffen sind, die man überhaupt nie vorher gesehen hatte, und wo es auch vorher keinen Chatkontakt gab. In dieser Situation lernt man, wie wichtig dann die Vorgespräche sind. Das das alles war schon spannend, aber wir fühlten uns auch sehr sicher, weil das alles im sicheren Rahmen von Gay Love Spirit eingebettet war. Die empfangenden Männer wurden alle von euch vorher genau unterrichtet und daher war der Rahmen sehr unterstützend.

Überraschungen gab es … Also ich fand es am Anfang etwas herausfordernd, wenn ich ein paar Leute zu massieren hatte, die mir sagten sie haben schon sehr viele Massagen gehabt, oder sie sind selbst Masseur und da habe mich dann schon ein bisschen komisch gefühlt. Ich war halt selbst Anfänger und dann haben diese Männer besondere Erwartungen, die ich noch gar nicht erfüllen kann. Die Leute, die ich privat massiert habe, haben eigentlich noch nie eine richtige Tantra Massage gehabt und die, die bei euch waren, waren öfter schon Männer, die sich schon damit beschäftigt haben und manche von denen haben selbst schon tantrisch massiert…   

Auf der anderen Seite war dies auch eine sehr gute Erfahrung, weil diese Männer ein sehr gutes interessantes Feedback gegeben haben, das uns auch weitergebracht hat, also mich auf jeden Fall. 

R: Wie wurden diese Erlebnisse innerhalb der Trainingsgruppe besprochen und integriert?

M: Ja, ich fand das wirklich auch sehr wichtig und wir haben uns viel Zeit dazu genommen, das alles immer wieder in der Gruppe zu besprechen. Nach jeder Erfahrung sind wir in der Runde einmal alles das durchgegangen, was jeden von uns an der jeweiligen Massagesitzung wichtig war. Es war wichtig, das Erlebte zusammen mit allen zu teilen – es war halt manchmal ein bisschen lang, weil wir alles auf Deutsch und Englisch besprochen haben. 

Es war wichtig, dass wir das machen. Manche sind halt ein bisschen synthetischer, manche erzählen länger, aber es ist trotzdem interessant, auch die Männer in der Ausbildung dadurch kennenzulernen… wie sie sich ausdrücken… Manche brauchen halt ein bisschen längeren Anlauf um zu sagen, was sie sagen wollen, und das ist auch gut, wenn man denen die Zeit gibt, auch etwas auszudrücken. 

R: Wie hast du die Männer für deine eigenen Probesitzungen gefunden? Wie hast Du auf

dich außerhalb des Trainings aufmerksam gemacht?

M: Ich habe jetzt auf meinem Gay Romeo Profil auch geschrieben, dass ich bei euch dieses Training mache und dadurch habe ich jetzt schon auch 3 Anfragen gekriegt.

2 Leute von denen habe ich schon massiert. Das hat auch ganz gut geklappt.

Auf mein Gay Romeo Profil hab ich auch den Link zu meiner Yoga Seite und die Leute haben gesagt, dass sie mich auch angeschrieben haben, weil sie auch gesehen haben, dass ich Yoga mache, und wie ich das so beschreibe, haben Sie sich ganz gut gefühlt. Das ist halt ein bisschen kombiniert aber die Leute haben mich nie vorher gekannt.

Ich hab so eine kleine Website wo ich mein Yoga Kurs beschreibe und ich hab mal überlegt, ob ich diese Website noch eine weitere Seite mit dem Tantra-Angebot hinzufüge.

R: Waren die Feedbacks durch die Klienten und die Trainer hilfreich?

M: Also ich finde das Feedback sehr interessant. Es ist überhaupt in der Tantra Massage das überhaupt wichtigste, dass man eben davor und danach auch spricht. Also es gibt manchmal Feedback, was man selber schon weiß (was man besser machen kann oder was die Leute als angenehm empfunden haben), aber es ist auch sehr wichtig, von den Menschen vorher ihre Bedürfnisse und eventuelle Restriktionen zu hören und eben hinterher das Feedback. Es hilft mir sehr, damit bewusster in der Massage zu werden.

Das habe ich zufällig gestern wieder erlebt. Ich hatte ein Vorgespräch, das hat eine Dreiviertelstunde gedauert, da hatte mir der Mann erzählt, er würde schon seit 10 Jahren nicht mehr von jemand anderem berührt. Dann habe ich natürlich auch meine Massage angepasst… also ich habe ihn gar nicht richtig massiert, ich habe ihn eigentlich nur vorsichtig berührt. Wir haben dann nachher dann auch nochmal eine halbe – dreiviertel Stunde geredet und das war genauso wichtig für ihn wie im Endeffekt die Massage selbst. 

Das habe ich auch in unserem Training gelernt. Das das Sprechen über die Intention manchmal genauso wichtig ist. 

Feedback von den Trainern – also ich finde wir hatten kaum direktes Feedback, also ich habe nicht das Gefühl, dass wir so ein Feedback hatten… das war einfach eigentlich immer mehr ein Gruppen-Feedback von den Trainern. Wahrscheinlich war das so auch gewollt. 

Also ich fand bemerkenswert, dass ihr 3 Trainer natürlich, wahrscheinlich nach Absprache, aber vor allem Thomas, immer die Worte gefunden habt um die Sachen auch direkt anzusprechen, wenn ihr irgendwas in der in der Gruppe gemerkt habt, was irgendwie korrigiert werden musste oder Denkanstöße gebraucht hat. Das war also immer interessant für alle, auch für mich selbst, auch wenn es mich nicht so direkt betroffen hat. Ihr habt es immer direkt rübergebracht, vor allem meistens positiv, aber trotzdem immer direkt auf den Punkt, und das ist nicht so einfach. Ich finde das sehr hilfreich auch für mich, wie ihr das besprochen habt. Die Worte, die ihr dafür gefunden habt… das war schon sehr gut gemacht. 

Ich habe mich einmal ein bisschen mit Joao ausgetauscht, weil wir beide Französisch sprechen, aber es war eigentlich nicht so direkt über meine Massagepraxis, eher so allgemein über das Thema als Massage Praktitioner zu arbeiten.

Ich habe das Gefühl es war oft allgemeines Feedback aber trotzdem war alles sehr, sehr interessant und sehr, sehr reich was ich damit bekommen habe. 

R: Wie ist deine persönliche Lernkurve verlaufen?

M: Also ich habe mehr und mehr die ganzheitliche Seite der Tantra Massage entdeckt. Ich war eigentlich am Anfang wegen der Technik und wegen der praktischen Aspekte gekommen und dann habe ich eigentlich mehr und mehr in meinem eigenen Lernprozess gemerkt, dass die die anderen Ebenen mindestens genauso wichtig sind, wenn nicht sogar wichtiger, und finde mich jetzt mehr und mehr auch in diesem Prozess wieder.

Wo ich am Anfang war ich eigentlich nur auf der körperlichen Ebene unterwegs; jetzt kommt eben noch eine weitere, nennen wir sie seelische, psychologische und spirituelle Ebene hinzu. 

Das geht nicht von heute auf morgen, weil es eben dauert. Wenn sich die ganzen Techniken der Berührungen allmählich setzen, dann kann man eben die anderen Ebenen entdecken und dort hineinwachsen.